Radiodays Europe Podcastday - London

Malte Burkhardt

Am 13.6. traf sich ein Teil der europäischen Podcastszene in London zum Podcastday. Die Vortragenden und das Publikum setzen sich aus einer bunt gemischten Gruppe von Vertretern öffentlich-rechtlicher Radiosender bis zu den Anbietern von technischen Lösungen für Podcaster zusammen.

Wir wollten uns einen Eindruck von der Szene verschaffen und herausfinden, inwieweit Smart Speaker in der Distribution von Podcasts eine Rolle spielen.

Es gab einige zentrale Themen um die sich die meisten Sessions inhaltlich drehten:

Monetarisierung

Die Monetarisierung von Podcasts erfolgt fast ausschließlich über Werbung. Einige wenige, erfolgreiche Podcasts haben sich weitere Standbeine über Live-Events, Merchandise, erweiterte Inhalte oder andere Produkte (Bücher etc.) erarbeitet. Der Hauptteil an Einnahmen wird aber eindeutig über Werbung erzielt.

Dabei sind noch die nativen Formen und hier vor allem die Call-To-Action Formate führend. Allerdings ist ein Trend in Richtung Dynamic/Programmatic Advertising zu beobachten, der in den kommenden Jahren den Anteil dieser Formen auf deutlich über 50% erhöhen könnte. Insbesondere für Podcasts mit geringerer Reichweite bietet sich darüber zumindest die Möglichkeit zu einer teilweisen Finanzierung.

Auch wenn auf der Bühne meistens Vertreter von sehr erfolgreichen und damit auch monetär erfolgreichen Podcasts vertreten waren, wurde doch deutlich, dass die Podcastproduktion oft noch ein "Hobby" ist, bzw. nur durch Querfinanzierung getragen werden kann.

"It's a fulltime job but it's only halftime paid" - Sinead McHugh, “Men Rea” Podcast, Irland

Durch die Marktentwicklung (s.u.) ist in den nächsten Jahren in diesen Bereichen noch eine weitere Erhöhung des Anteils von finanziell erfolgreichen Podcasts zu erwarten und die Verbreitung über Sprachassistenten könnte dabei ein Vertriebskanal darstellen.

Storytelling

Im Rahmen des Themas “Storytelling” wurde die Entwicklung verschiedener Formate diskutiert. Hierzu wurden eine Vielzahl an Vorbild-Podcasts diskutiert. Deutlich wurde, dass jedes Format eine eigene Form von Produktionsprozess und die dafür passenden Kompetenzen benötigt werden. Es ist nicht "nur" Audio auf einem anderen Verbreitungsweg.

Auch die vertretenen Radiosender (überwiegend öffentlich-rechtliche Anstalten) machten deutlich, dass die Produktionsprozesse eher denen eines Features als denen für das lineare Programm ähneln. Hier ist also für jeden der in diesem Bereich aktiv werden will eine entsprechende Planung und Vorbereitung notwendig. Selbst Radiostationen, die Kompetenzen für Audio-Produktion im Haus haben, die Produktion von Podcasts an Spezialisten auslagern. Dies zeigt, dass es eben ein eigenes Medium und Format ist.

Interessant war zu sehen, wie Institutionen versuchen Ihre Podcasts mit anderen Interaktionsebenen zu verzahnen und darüber eine Art Community aufzubauen. Beispielsweise experimentiert die BBC (aufgrund der Größe dazu auch in der Lage) mit Facebook Gruppen, die einen Podcast und dessen Inhalte in anderen Interaktionsebenen verlängern und transportieren. Als Beispiele sind die Podcasts "Death in Ice Valley" und “Parentland” zu nennen. Beide nutzen Facebook Gruppen um entweder Hörerfragen und -diskussionen zu generieren (“Parentland”) oder um die Inhalte des Podcasts in eine andere Form zu transportieren. Bei der Hörerschaft von "Death in Ice Valley" hat sich in der Facebookgruppe eine Community entwickelt, welche versucht die Rätsel aus dem Podcast zu lösen und fügt so dem Podcast eine komplett neue Interaktionsebenen hinzu.

Marktentwicklung

Ein Grundtenor war: es wird nicht DAS Jahr des Podcast geben, ab dem alles perfekt und der Markt fertig entwickelt ist, sondern es gibt eine langfristige Entwicklung, die seit mehreren Jahren einen stabilen Aufwärtstrend in Nutzung, Verbreitung und Werbeumsätzen zeigt. Diese wird sich vermutlich noch auf absehbare Zeit fortsetzen und somit bieten Podcasts durchaus interessante Möglichkeiten für die Entwicklung von Formaten und zum Erzielen von Umsätzen.

Die "Vormachtstellung" von Apple als Verbreitungsplattform ist am Wanken und wird durch den Einstieg von Google in die Podcast Distribution und Player wie Spotify kurz- oder mittelfristig verschwinden. Ein Ausspielweg kann auch über den Google Assistent erfolgen. Was dies für die Inhalte in Podcasts und die allgemeine Entwicklung der Szene bedeutet, ist offen - es könnte durchaus sein das komplett neue Formate für neue Hörergruppen entstehen.

Ein Beispiel für ein solches Format könnte "The Brights" sein - eine Reality-Podcast Show rund um die Familie eines Fernseh-Promis. Dieses Format scheint offensichtlich bei bestimmten Hörern, die es in ausreichender Zahl gibt, gut anzukommen.

Entsprechend ist davon auszugehen, das auch weiterhin neue Formate jenseits von Talk-Podcasts und True Crime (den beiden momentan vorherrschenden Formaten) entstehen und sich etablieren werden.

Fazit Die meisten der vertretenen Podcasts waren entweder von öffentlich-rechtlichen Radiosendern aus ganz Europa, oder es waren Enthusiasten, die mit großem Aufwand und persönlichen Einsatz ihren Podcast produzieren und entwickeln.

Eine "Professionalisierung" der Szene ist allerdings zu beobachten und diese wird in den nächsten Jahren weitergehen. Momentan scheint es aber überwiegend auf der Ebene der Formate eine Entwicklung zu geben.

Auf der Distributionsebene bzw. dem Aufbau von direkten, selbst-kontrollierten Verbindungen zu Hörern gibt es nur wenig Entwicklung. Einige wenige Podcasts haben bspw. Smartspeaker (entweder als Newsbriefing oder als eigenen Skill) auf dem Schirm.

Hier sehen wir noch großen Potential um einen direkten Kontakt zum Hörer aufzubauen und ggf. auch eine eigene Monetarisierung zu erlauben.